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Perspektiven für Menschen in Westafrika
Neben dem dringend notwendigen Ausbau konventioneller Behandlungsmöglichkeiten braucht es umfassende Bildungsinitiativen und Aufklärungskampagnen, um Vorurteile gegenüber psychischen Erkrankungen abzubauen und die Rechte der Betroffenen nachhaltig zu stärken.
In der Elfenbeinküste gibt es kaum staatlich geförderte psychiatrische Versorgung oder spezialisierte psychosoziale Einrichtungen. Zwar existieren in einigen Städten größere psychiatrische Krankenhäuser, doch diese sind oft veraltet, unterfinanziert und können nur eine begrenzte Hilfe leisten. Für viele Betroffene und ihre Familien bleibt daher kaum eine Wahl – sie wenden sich an traditionelle oder spirituelle Heiler, in der Hoffnung, dort Unterstützung zu finden.
Internationale Studien belegen, dass Menschenrechtsverletzungen in psychiatrischen Einrichtungen – sowohl in konventionellen als auch in nicht-konventionellen – in vielen Ländern ein gravierendes Problem sind. Regelmäßig decken Enthüllungsjournalisten, Initiativen wie „Menschen ohne Ketten e.V.“, Menschenrechtsorganisationen und wissenschaftliche Publikationen erschreckende Missstände auf. Besonders alarmierend ist die Lage in nicht-konventionellen Einrichtungen, wo psychisch erkrankte Menschen oft unter menschenunwürdigen Bedingungen leben müssen.
Hier werden Betroffene nicht nur ausgegrenzt, sondern regelrecht ihrer Menschlichkeit beraubt. Viele von ihnen werden in Ketten gelegt, erhalten kaum Nahrung und sind physischer sowie seelischer Gewalt schutzlos ausgeliefert. Ihre Würde wird systematisch missachtet, und es gibt keinerlei Mechanismen, die sie vor Übergriffen schützen. Statt gezielter gesundheitspolitischer Maßnahmen oder gesetzlicher Bestimmungen, die ihre Rechte sichern könnten, bleibt diese ohnehin verletzliche Gruppe sich selbst überlassen – oder fällt in die Hände dubioser Heiler und selbsternannter Propheten, denen oft jegliche medizinische Grundlage fehlt.
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Bethel: Ein Gebetszentrum und seine dunklen Schattenseiten
Der evangelikale Anführer, der sich selbst als Prophet Alloko vorstellt, empfing uns in einer einfachen Versammlungshalle. Dieses zentrale Gebäude ist mehr als nur ein Ort des Gebets – es ist das Herzstück der Dorfgemeinschaft. Das bescheidene Dorf, geführt von einem ehemaligen Tierarzt, zählt etwa 200 Menschen, darunter auch Kranke, die oft von ihren Familien begleitet werden.
Nach ausführlichen Erklärungen und der Versicherung, dass wir „gute Absichten“ verfolgten, durften wir das Dorf in seiner Begleitung betreten. Was wir dort sahen, traf uns tief. Die Kranken lagen auf dem kalten Boden, in winzigen, provisorischen Hütten aus Plastikplanen, die häufig um einen Baum herum errichtet waren. Dieser spartanische Lebensraum war das Einzige, was der sogenannte Prophet seinen Schützlingen gewährt. Medizinische Versorgung oder Medikamente suchte man vergebens. Stattdessen verspricht er Heilung allein durch Gebete – ein „Rezept“, das er überzeugend als weitaus überlegen gegenüber der modernen Medizin darstellt.
Die Dauer der „Behandlung“ variiert stark: ein paar Tage, Wochen, Monate – manchmal sogar Jahre. Es hängt, so erklärt man uns, davon ab, wann der Betroffene Gottes segnende Erleuchtung empfängt. Erst dann gilt er als geheilt. Die Szenen, die sich uns hier boten, sind kaum in Worte zu fassen. Man möchte diesen Menschen einfach nur in den Arm nehmen, mit ihnen sprechen und sie in eine Umgebung bringen, die ihnen tatsächlich helfen kann. Doch dieser Traum bleibt unerfüllt. Die Macht dieser Gebetszentren ist so erdrückend, dass niemand es wagt, die Praktiken der selbsternannten Gottesdiener ernsthaft zu hinterfragen oder ihnen gesetzliche Grenzen zu setzen.
Es gibt Berichte über sporadische staatliche Eingriffe – sogenannte „Befreiungen“ – doch was wir in diesem Dorf, das den Namen Bethel trägt, erlebten, ist ein erschreckender Alltag im Umgang mit psychischen Erkrankungen.
Wenn man das Problem für die Region Bouaké hochrechnet, wird das Ausmaß umso deutlicher: Geht man davon aus, dass in jedem Gebetszentrum 7 bis 10 Menschen unter menschenunwürdigen Bedingungen gehalten werden, sprechen wir nach aktuellen Schätzungen für das Jahr 2022 von etwa 588 bis 840 betroffenen Menschen. Diese Schicksale bleiben im Verborgenen, während ihre Opfer den willkürlichen Praktiken selbsternannter Propheten hilflos ausgeliefert sind.
So fanden wir das Lager vor: Ein Mädchen, gerade aus der Schule herausgerissen, wurde wegen ihrer Epilepsie mit Ketten an einen Baum gefesselt. Im hinteren Bereich sahen wir einen jungen Mann, der mit schweren psychischen Störungen kämpfte. Er hatte aus Verzweiflung sogar seine behelfsmäßige Unterkunft zerstört. Diese Szenen vor Ort waren kaum zu ertragen – sie brennen sich ins Gedächtnis ein und lassen einen sprachlos zurück.
Schicksale in Ketten
Der evangelikale Anführer, der sich selbst als Prophet Alloko vorstellte, empfing uns in einer schlichten Versammlungshalle. Dieses zentrale Gebäude dient nicht nur als Gebetsstätte, sondern auch als Treffpunkt für die Dorfgemeinschaft. Das kleine Dorf, das von einem ehemaligen Tierarzt geleitet wird, beherbergt etwa 200 Menschen – darunter auch Kranke, die manchmal von ihren Familien oder Angehörigen begleitet werden.
Nach langen Erklärungen und der Zusicherung, dass wir “gute Absichten” verfolgten, durften wir das Dorf in seiner Begleitung erkunden. Was wir sahen, ließ uns tief erschüttert zurück. Die Kranken schlafen auf dem nackten Boden, in winzigen, improvisierten Hütten aus Plastikplanen, die oft um einen Baum errichtet sind. Dieser armselige Lebensraum ist das Einzige, was der sogenannte Prophet seinen Schutzbefohlenen zugesteht. Von medizinischer Versorgung oder Medikamenten fehlt jede Spur. Stattdessen verspricht er Heilung allein durch Gebete – ein “Rezept”, das, wie er überzeugt behauptet, der modernen Medizin weit überlegen sei.
Die Dauer der “Behandlung” variiert stark: ein paar Tage, Wochen, Monate – manchmal sogar Jahre. Es hängt, so sagt man, davon ab, wann der Betroffene Gottes segnende Erleuchtung empfängt. Erst dann gilt er als geheilt. Die Szenen, die sich uns hier boten, lassen sich kaum in Worte fassen. Man möchte diese Menschen einfach nur in den Arm nehmen, mit ihnen sprechen und sie in eine Umgebung bringen, die ihnen tatsächlich helfen kann. Doch das bleibt ein Wunschtraum. Die Macht dieser Gebetszentren ist so groß, dass sich niemand wagt, die Praktiken der vermeintlichen Gottesdiener ernsthaft zu hinterfragen oder ihnen gesetzliche Grenzen zu setzen.
Zwar gibt es Berichte über gelegentliche staatliche Eingriffe, sogenannte “Befreiungen”, doch das, was wir in diesem Dorf, das den Namen Bethel trägt, gesehen haben, ist der Alltag im Umgang mit psychischen Erkrankungen.
Für die Region Bouaké lässt sich das Problem hochrechnen: Wenn man von 7 bis 10 Menschen pro Gebetszentrum ausgeht, die unter menschenunwürdigen Bedingungen gefangen gehalten werden, ergibt das nach aktuellen Schätzungen für das Jahr 2022 zwischen 588 und 840 Schicksale. Diese Menschen bleiben der Welt verborgen und sind den willkürlichen Praktiken selbsternannter Propheten hilflos ausgeliefert.
Hilfe wird benötigt: Einblicke in die Unterstützung psychisch Erkrankter
Die Aufnahme von Erkrankten in diese sogenannten Gebetslager ist – wenig überraschend – mit Kosten verbunden. Wer die Dienste des selbsternannten „Mannes Gottes“ in Anspruch nehmen möchte, muss eine Anmelde- oder Beratungsgebühr von 3.000 Fcfa zahlen. Er selbst führt seine „Heilungskraft“ auf einen göttlichen Ruf zurück und betont, dass sie einzigartig sei – weder übertragbar noch vererbbar.
In der Region sind Gebetslager weit verbreitet, und viele setzen auf Gebetstherapie als Hauptbehandlungsmethode für psychische Erkrankungen. Doch es gibt eine spürbare Spannung zwischen dieser spirituellen Praxis, der modernen Medizin und der traditionellen Heilkunde. Eine enge Zusammenarbeit zwischen diesen Ansätzen bleibt leider die Ausnahme – oft zum Nachteil der Betroffenen.
Gerade hier leisten Hilfsorganisationen wertvolle Arbeit, um das Leid der Menschen zu lindern. Zwei solcher Organisationen, Menschen ohne Ketten e. V. und die Mindful Change Foundation Côte d’Ivoire, durften wir in Bethel kennenlernen. Ihr Engagement ist beeindruckend und ihr Einsatz lebensverändernd. Ihre Arbeit verfolgt unter anderem folgende wichtige Ziele:
• Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen
• Überarbeitung und Weiterentwicklung nationaler Gesetzgebungen
• Förderung nationaler Gesundheitsprogramme
• Ausbildung von Pflegekräften ohne psychiatrische Vorerfahrung
• Verbesserung der Versorgung im staatlichen Gesundheitssystem
• Bereitstellung ambulanter und stationärer Betreuung
• Regelmäßige Versorgung mit Medikamenten
• Schaffung stationärer Behandlungsplätze in Krankenhäusern
Diese Organisationen geben Hoffnung, wo Verzweiflung herrscht, und bieten Menschen eine Chance auf Heilung und Würde. Ihre Arbeit zeigt, dass Fortschritt möglich ist – wenn Engagement, Mitgefühl und medizinische Versorgung Hand in Hand gehen.
Ein Aspekt, der besonders hervorzuheben ist, ist der Fokus auf die Ausbildung von Einheimischen. Diese werden befähigt, eigenverantwortlich Hilfe zu leisten. Ein nachhaltiger Ansatz, der wesentlich effektiver ist, als wenn die Unterstützung ausschließlich von externen Akteuren aus dem Ausland gesteuert wird.
Hier sind fünf interessante Fakten über Spiritualität und moderne Behandlungsmethoden in der Elfenbeinküste:
Diese faszinierende Verbindung aus Spiritualität und moderner Medizin macht die Elfenbeinküste zu einem spannenden Reiseziel für Menschen, die sich für alternative Heilmethoden interessieren.
In der Elfenbeinküste spielen spirituelle und traditionelle Heilmethoden eine zentrale Rolle in der Gesundheitsversorgung. Viele Menschen kombinieren moderne westliche Medizin mit traditionellen Praktiken, wie der Nutzung von Heilpflanzen, Ritualen und spirituellen Reinigungen durch Heiler (sogenannte Marabouts oder Féticheurs).
Die Ahnenverehrung ist ein wichtiger Bestandteil der ivorischen Spiritualität. Viele glauben, dass Krankheiten durch ein Ungleichgewicht mit den Geistern der Vorfahren verursacht werden. Spirituelle Heiler führen Rituale durch, um das Gleichgewicht wiederherzustellen und Heilung zu ermöglichen.
Während traditionelle Heilmethoden weit verbreitet sind, gibt es einen zunehmenden Ausbau moderner medizinischer Einrichtungen, insbesondere in Städten wie Abidjan und Yamoussoukro. Die Regierung arbeitet daran, die Gesundheitsversorgung zu verbessern, indem sie Krankenhäuser modernisiert und westliche medizinische Standards integriert.
Es gibt in der Elfenbeinküste mehrere heilige Orte, die für ihre heilenden Kräfte bekannt sind. Beispielsweise gilt der heilige Wald von Gbôklôhô als Ort der spirituellen Reinigung, an dem Menschen Heilung durch Gebete, Meditation und traditionelle Rituale suchen.
Musik und Tanz haben eine heilende Wirkung in der ivorischen Kultur. Trommelrhythmen und rituelle Tänze werden genutzt, um spirituelle Heilung zu fördern, negative Energien zu vertreiben und das Wohlbefinden zu steigern. Diese Methoden werden manchmal sogar in modernen Therapieformen integriert.
Medizin – Heilung im Wandel der Zeit
In vielen Regionen der Elfenbeinküste ist Krankheit mehr als nur ein körperliches Problem – sie wird oft als spirituelles Ungleichgewicht betrachtet. Heilung bedeutet daher nicht nur medizinische Versorgung, sondern auch das Wiederherstellen von Harmonie zwischen Körper, Geist und der spirituellen Welt.
Traditionelle Heiler, oft als Marabouts oder Feticheurs bekannt, spielen dabei eine zentrale Rolle. Sie nutzen ihr Wissen über Kräutermedizin, um heilende Mischungen aus Pflanzen, Rinden und Wurzeln herzustellen. Dieses Wissen wird seit Generationen weitergegeben und von vielen Menschen als ebenso wirksam angesehen wie westliche Medikamente. Doch die Heilkunst geht über das Physische hinaus. Rituale, Opfergaben und spirituelle Zeremonien sind oft Teil des Heilungsprozesses, um böse Geister zu vertreiben oder den Segen der Ahnen zu erbitten.
Besonders in ländlichen Gebieten haben traditionelle Heiler einen hohen Stellenwert. Menschen konsultieren sie nicht nur bei körperlichen Beschwerden, sondern auch bei psychischen und sozialen Problemen. Ein Streit in der Familie, unerklärliches Pech oder ein Gefühl der inneren Unruhe – all das kann in den Augen vieler Ivorer auf spirituelle Ursachen zurückgeführt werden. Der Heiler fungiert dann als Vermittler zwischen den Welten, als jemand, der nicht nur heilt, sondern auch berät und Trost spendet.
In den Städten der Elfenbeinküste prägt ein anderes Bild die Gesundheitsversorgung. Krankenhäuser, Apotheken und moderne Kliniken bieten Behandlungen auf internationalem Niveau an. Besonders in der Wirtschaftsmetropole Abidjan gibt es gut ausgestattete Einrichtungen, in denen Ärzte nach westlichen Standards arbeiten. Impfkampagnen, chirurgische Eingriffe und pharmazeutische Behandlungen sind für viele Menschen heute selbstverständlich.
Ein weiterer Aspekt ist das Misstrauen gegenüber der westlichen Medizin. Manche sehen darin eine kalte, unpersönliche Wissenschaft, die den spirituellen Aspekt der Heilung ignoriert. Andere fürchten Nebenwirkungen oder zweifeln an der Wirksamkeit von Medikamenten. In diesem Spannungsfeld stehen viele Menschen vor der Entscheidung, ob sie einem Arzt oder einem traditionellen Heiler vertrauen sollen – oder ob sie beide Wege kombinieren.
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