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Perspektiven für Menschen in Westafrika
Der Verein Menschen ohne Ketten e.V. ist eine kleine Hilfsorganisation mit einer großen Mission: Er setzt sich gemeinsam mit St. Camille dafür ein, die Lebenssituation von Menschen mit psychischen Erkrankungen in Westafrika zu verbessern.
In Ländern wie Burkina Faso und der Elfenbeinküste (Côte d’Ivoire) stehen viele Betroffene vor enormen Herausforderungen. Sie werden oft ausgegrenzt, in Ketten gelegt, eingesperrt oder sind gezwungen, auf der Straße zu leben – weil es an Verständnis und an medizinischer Versorgung fehlt. Die psychiatrische Betreuung steckt noch in den Kinderschuhen, und für viele bedeutet das, dass sie ohne jede Hilfe bleiben.
Menschen ohne Ketten e.V. unterstützt deshalb lokale Initiativen, die sich für Betroffene einsetzen – auf Augenhöhe und ohne Bevormundung. Statt Hilfe zu diktieren, schafft der Verein Möglichkeiten, damit die Menschen vor Ort selbst aktiv werden können. Genau das beeindruckt mich besonders: Sie werden ermächtigt, sich gegenseitig zu helfen, ihr Wissen weiterzugeben und langfristig etwas zu verändern. Denn echte Veränderung beginnt dort, wo Menschen die Chance bekommen, ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.
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Brobo bei Bouaké – Ein ungeplantes Abenteuer
Eigentlich stand Brobo gar nicht auf unserer Reiseroute durch die Elfenbeinküste. Unser Ziel an diesem Tag war ein Gebetszentrum in Bethel. Doch schon auf dem Weg dorthin zog uns das geschäftige Treiben auf der Straße in seinen Bann: überladene Transporter, wendige Kleinbusse, dreirädrige Motorradkarren, Radfahrer und Fußgänger – alle schienen in dieselbe Richtung zu strömen.
Neugierig geworden, fragten wir nach. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Heute war Markttag in Brobo! Einmal pro Woche kommen Händler und Bauern aus der ganzen Region hierher, um ihre Waren anzubieten – von leuchtendem Obst und knackigem Gemüse über kunstvolle Handwerksstücke bis hin zu farbenfroher Kleidung. Wir konnten nicht widerstehen. Ein paar schnelle Schnappschüsse vom bunten Treiben – das war der Plan. Doch schnell wurde uns klar: „Nur mal kurz durchfahren“ war schlicht unmöglich.
Schon in Bouaké hatten wir die Gastfreundschaft der Menschen genossen, aber Brobo setzte noch einen drauf. Überall fröhliche Gesichter, ein Gewirr aus Stimmen, das Aroma von frisch Gegrilltem in der Luft – es war, als hätte uns der Markt mit offenen Armen empfangen. Und dann war da noch Roland mit seiner Mission: Er suchte einen ganz bestimmten Kochtopf. Wenn nicht hier, wo sonst würde er fündig werden?
Zum Glück begleitete uns unser Übersetzer, der zufällig jemanden kannte, der uns durch das dichte Gewusel führte. Rückblickend habe ich das Gefühl, dass unser Guide seine Entscheidung vielleicht ein wenig bereut hat – wir hingegen keine Sekunde! 😉
Brobo überraschte uns mit seiner Lebendigkeit, seiner Herzlichkeit und einer Fülle an Eindrücken, die wir nie erwartet hätten. Und ja, Roland fand seinen Kochtopf. Ein einfaches Souvenir, das uns wohl jedes Mal, wenn es auf dem Herd steht, an dieses wundervolle, ungeplante Abenteuer erinnern wird.
Afrikanischer Markttag auf dem Land
Ein Markttag in Brobo ist mehr als nur ein Einkaufserlebnis – es ist ein Fest für die Sinne, ein farbenfrohes, pulsierendes Schauspiel des Lebens. Schon in den frühen Morgenstunden füllt sich der zentrale Marktplatz mit geschäftigem Treiben. Händler entladen ihre Waren, das erste Stimmengewirr mischt sich mit dem Krähen der Hähne, und aus den kleinen Garküchen steigt der Duft von gegrilltem Fleisch und würzigen Eintöpfen in die klare Morgenluft.
Hier ist alles in Bewegung. An den Ständen türmen sich glänzende Mangos, pralle Tomaten und handgefertigte Gewürzmischungen, während bunte Stoffbahnen im Wind flattern. Zwischen den improvisierten Verkaufsständen laufen Händler und Käufer durcheinander, feilschen lautstark oder tauschen herzliche Begrüßungen aus. Lachen, Rufe und das rhythmische Klopfen von Mörsern, in denen frische Gewürze zerkleinert werden, verschmelzen zu einer einzigen, lebendigen Melodie.
Was diesen Markt so besonders macht, ist seine Authentizität. Hier gibt es keine sterile Perfektion wie in modernen Einkaufszentren – alles ist echt, improvisiert, voller Geschichten. Besonders faszinierend sind die überladenen Minibusse, die aus den umliegenden Dörfern ankommen – bis unters Dach beladen mit Säcken voller Maniok, Körben mit Hühnern und manchmal sogar einer Ziege auf dem Dach. Dass einer der Mitreisenden als „Bremser“ fungiert und mit Holzkeilen die Funktion der Bremse ersetzt, ist ein Beispiel für die unglaubliche Kreativität und Pragmatik, mit der hier Herausforderungen gelöst werden – und zaubert einem unweigerlich ein Lächeln ins Gesicht.
Mit der steigenden Sonne erreicht die Atmosphäre ihren Höhepunkt: Frauen in leuchtenden Gewändern verhandeln geschickt die besten Preise, während Kinder lachend zwischen den Ständen hindurchhuschen. Ein Musiker beginnt mit seinen Trommeln zu spielen, und für einen Moment scheint es, als ob sich die gesamte Szenerie in seinem Rhythmus bewegt.
Und dann gibt es diesen magischen Moment – wenn man kurz innehält, die Wärme der Sonne auf der Haut spürt und die Energie dieses Ortes aufsaugt. Man erkennt, dass dieser Markt viel mehr ist als nur ein Ort des Handels. Er ist ein Treffpunkt, ein Spiegel der Gemeinschaft, ein Fest des Lebens. Hier wird nicht nur verkauft – hier wird gelacht, verhandelt, erzählt, gelebt. Und genau das macht ihn so unvergesslich.
Mittendrin im Marktgetümmel
Der Markt ist ein einziges, lebendiges Spektakel, das alle Sinne überwältigt. Überall preisen lachende Händlerinnen und Händler ihre Waren an – von „echten Apple-Lederrucksäcken“ (deren Echtheit wohl mit einem Augenzwinkern zu genießen ist) bis hin zu getrocknetem Fisch, dessen intensives Aroma die Luft erfüllt. Die Stände leuchten in allen Farben: feurig rote Chilischoten, goldglänzende Schmuckstücke, saftig-grüne Kräuter – ein Fest für die Augen. Hier gibt es nichts, was es nicht gibt.
Doch dieser Markt ist mehr als nur ein Ort des Handels. Er ist das pulsierende Herz der Gemeinschaft. Zwischen den Ständen wird gefeilscht und verhandelt, aber vor allem begegnen sich hier Menschen. Freunde und Nachbarn tauschen Neuigkeiten aus, begrüßen sich mit herzlichen Umarmungen, lachen gemeinsam. Es fühlt sich an, als wäre man Teil eines vertrauten, jahrhundertealten Rituals – auch wenn man nur Gast ist.
Aus knisternden Lautsprechern dröhnt Musik – mal überraschend moderne Beats, mal traditionelle Klänge. Plötzlich mischen sich Stimmen in die Geräuschkulisse: Wahlpropaganda aus klapprigen Lautsprecherwagen, die sich mühsam durch die engen Gassen schieben. Und dann dieser faszinierende Sprachmix! Selbst ohne Französischkenntnisse ist klar: Das hier ist eine eigene Welt, ein Dialekt, der so einzigartig klingt, dass er fast wie eine neue Sprache wirkt.
Die Kinder machen das Markttreiben noch lebendiger. Sie rennen barfuß durch die Menge, lachen, rufen sich gegenseitig zu, voll sprühender Energie. Sobald sie unsere Kameras entdecken, legen sie los – kleine Akrobaten, die spielerisch Kunststücke vollführen und sich vor Freude überschlagen. Ihre Begeisterung ist ansteckend, wie Sonnenstrahlen, die zwischen den Ständen tanzen.
Und dann – ein Moment der Orientierungslosigkeit. Roland biegt plötzlich nach rechts ins dichte Marktgewühl ab. Ich wollte eigentlich gerade nach links, zu einem besonders fotogenen Stand mit getrockneten Gewürzen. Doch ehe ich mich versehe, bin ich allein. Ich spüre die Blicke unserer Reisebegleiter, wie sie uns beide gleichzeitig im Auge behalten wollen – eine echte Herausforderung, wenn zwei Fotografen unterwegs sind, die sich mit ihren Kameras tief in diese faszinierende Welt verlieren.
„So ist das Leben mit uns“, denke ich schmunzelnd, während ich den Auslöser meiner Kamera drücke. Wir sind mittendrin, nicht nur im Marktgeschehen, sondern auch im Leben der Menschen hier. Und genau das macht Reisen doch so einzigartig, oder?