Beppu – Dampf, Höllen, Sandgräber und hungrige Primaten
Japan im Frühling, unterwegs im Land der aufgehenden Sonne


Unterwegs für dich
Sobald man in Beppu ankommt, merkt man sofort: Hier ist etwas anders. Aus allen Ecken der Stadt steigen Dampfschwaden in den Himmel, als würde der Boden selbst atmen. Beppu, auf der südlichen Insel Kyūshū gelegen, ist eine der bekanntesten Onsen-Städte Japans – und das völlig zu Recht. Mit mehr als 2.000 heißen Quellen bietet die Stadt nicht nur pure Entspannung, sondern auch faszinierende Naturphänomene, ungewöhnliche kulinarische Erlebnisse und tiefe Einblicke in eine jahrhundertealte Badekultur.
Mich hat Beppu sofort in seinen Bann gezogen – nicht nur wegen der Wärme der Quellen, sondern auch wegen der Wärme der Menschen. Zwischen traditionellen Ryokans, dampfenden Höllentälern („Jigoku“) und rustikalen Sandbädern erlebt man hier ein Japan, das gleichzeitig bodenständig und geheimnisvoll wirkt. Besonders beeindruckend: die acht „Höllen von Beppu“, farbenfrohe Thermalquellen, die mehr Schauplatz als Badeort sind. Jede hat ihren eigenen Charakter – von kobaltblau bis blutrot – und entführt dich in eine fast surreale Welt.
In diesem Artikel nehme ich dich mit auf meine Reise durch Beppu. Ich zeige dir, wo du am besten entspannst, was du keinesfalls verpassen darfst und warum Beppu mehr als nur heiße Quellen zu bieten hat. Ob du Ruhe suchst, Neugier verspürst oder einfach nur in die mystische Atmosphäre Japans eintauchen willst – Beppu ist ein Ort, der dich überraschen wird.
Was wie eine mittelalterliche Warnung aus dem Fegefeuer klingt, ist in Wirklichkeit ein Highlight geothermischer Schaulust: Die Sieben Höllen von Beppu (japanisch: 別府地獄, Beppu Jigoku) sind heiße Quellen der etwas anderen Art – nicht zum Baden, sondern zum Staunen, Riechen, Fotografieren und, ja, Diskutieren.
Schon seit der Edo-Zeit sind diese Orte bekannt. Damals betrachtete man die brodelnden, dampfenden Krater mit Ehrfurcht – als heilige, manchmal furchteinflößende Manifestationen der Naturgewalten. Dass man sich heute für 2200 Yen ein Kombiticket kaufen kann, um sieben dieser Höllen abzuklappern, hätte den Mönchen vermutlich den Gebetsknoten platzen lassen. Aber so ändern sich die Zeiten.
Jede Hölle hat ihren eigenen Charakter, manche mehr Charme als andere:
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Umi Jigoku (Meeres-Hölle): Ein türkisblauer Pool, fast zu schön, um echt zu sein – und tatsächlich: Der Farbton entsteht durch gelösten Eisen(II)-sulfat. Die Anlage ist gepflegt, mit botanischem Garten und Fußbad – hier kann man’s aushalten.
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Oniishibōzu Jigoku: Benannt nach den „raspelköpfigen Dämonen“, die die grauen, blubbernden Schlammblasen symbolisieren sollen. Wer sich beim Anblick fragt, ob da jemand Instant-Kartoffelpüree zum Kochen gebracht hat: nicht ganz falsch.
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Kamado Jigoku (Kochkessel-Hölle): Thematisch aufbereitet mit viel Dampf, Showeinlagen (Reis dämpfen auf heißem Stein) und einer fragwürdigen Dämonen-Statue. Nett gemacht, aber touristisch bis zur Karikatur.
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Oniyama Jigoku (Krokodil-Hölle): Und hier wird’s kritisch. Mehr als 70 Krokodile leben hier auf engstem Raum – offiziell zur "wissenschaftlichen Beobachtung", inoffiziell eher zur Abschreckung. Betonbecken, kaum Abwechslung, fragwürdige Haltung. Unser klarer Appell: Diese „Hölle“ überspringen – oder zumindest nicht mit Eintrittsgeld fördern.
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Shiraike Jigoku (weißer Teich): Milky Blue mit Zen-Garten-Flair – recht fotogen, aber auch mit integriertem Mini-Aquarium für tropische Fische, das nicht unbedingt sein müsste.
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Chinoike Jigoku (Blut-Hölle): Die älteste dokumentierte Hölle – bereits in Schriften aus dem 8. Jahrhundert erwähnt. Roter Lehm färbt das Wasser blutig. Früher wurden hier tatsächlich Stoffe gefärbt – heute färbt es eher Instagram-Feeds.
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Tatsumaki Jigoku: Ein Geysir, der alle 30–40 Minuten ausbricht. Leider wurde der Druck durch eine Betonkuppel gezähmt – spektakulär, aber mit Sicherheitsdeckel. Immerhin zuverlässig.
Man kann die Höllen zu Fuß erkunden (etwa 2,7 km, aber nicht alle liegen direkt beieinander), oder bequem mit dem Auto anfahren – was viele tun. Wir entschieden uns für die halbsportliche Variante: Erst fahren, dann laufen, dann schwitzen. Achtung: Im Sommer sind nicht nur die Quellen heiß, sondern auch der Asphalt. Gut hydratisiert bleiben, oder wie es der Onsen-Kenner sagt: "Trinken ist das neue Baden."
Mein Fazit mit moralischem Unterton
Die „Sieben Höllen“ sind ein faszinierendes Beispiel dafür, wie Japan Naturphänomene inszeniert – mal liebevoll, mal schrill, mal grenzwertig. Es lohnt sich, sie zu sehen, zu erleben, und sich gleichzeitig bewusst zu machen: Nicht alles, was touristisch aufbereitet ist, verdient Beifall. Gerade was den Umgang mit Tieren betrifft, sollte man klare Grenzen ziehen. Unser Tipp: Genießt die geothermalen Wunder, schont die Krokodile – und hinterlasst nicht nur Footprints, sondern auch Feedback.
Tipp: Für eine authentischere Erfahrung lohnt es sich, außerhalb der Hauptsaison zu reisen – dann wirkt Beppu noch ursprünglicher und entspannter.
Nach Tagen voller dampfender Onsen, erdiger Schwefelnoten und dampfgegarter Eier fühlten wir uns zwar porentief gereinigt, aber auch ein wenig… weichgekocht. Zeit für Kontrastprogramm! Also auf ins Zentrum von Beppu – raus aus dem Nebel, rein ins pralle Stadtleben. Und siehe da: Beppu überrascht. Zwischen den erwartbaren 7-Elevens und allgegenwärtigen Pachinko-Hallen entpuppt sich der Stadtkern als bunter Flickenteppich japanischen Alltags – mit charmanten Einkaufspassagen, winzigen Bars mit fünf Hockern und mehr Streetfoodständen, als unser Magen Testkapazität hatte.
Was man in Beppu kaufen kann? Alles! Von handgeschöpfter Seife mit Vulkangeruch bis hin zu Gachapon-Kapseln mit zweifelhaftem Inhalt (Stichwort: „Mini-Höschen für Handyhalterungen“ – fragt nicht…). Wer sich traut, entdeckt hinter unscheinbaren Türen traditionelle Sake-Bars, in denen einem der Wirt nach dem dritten Glas plötzlich seine Karaoke-Version von „Bohemian Rhapsody“ aufdrängt – sehr schräg, sehr laut, sehr japanisch.
Doch Beppu wäre nicht Beppu, wenn da nicht plötzlich eine ganz andere Welt auftauchte – still, diskret, rot leuchtend. Während wir noch dachten, wir hätten einfach eine Straße verpasst, standen wir plötzlich mittendrin: im Rotlichtviertel. Keine grellen Schilder wie in Tokio oder schrillen Girls wie in Osaka. Stattdessen: diskrete Eingänge mit blickdichten Vorhängen, beleuchtete Bilderrahmen mit Gesichtern, die eher an ein Bewerbungsfoto erinnern als an Verführung – und Männer mittleren Alters, die so tun, als hätten sie sich verlaufen. Haben sie nicht.
Die Bandbreite der Etablissements reicht offenbar von „Relaxation Spa“ über „Pineapple Club“ bis hin zu kryptisch benannten „Ladys Bars“, die wahrscheinlich genau das bieten, was man sich darunter nicht vorstellen will. Das Ganze wirkt wie ein Paralleluniversum – ganz nah, aber für Außenstehende seltsam unnahbar. Man spürt deutlich: Hier gelten andere Regeln, andere Preise, andere Realitäten.
Natürlich ist das keine Sehenswürdigkeit im klassischen Sinne. Und doch gehört auch dieser Aspekt zu Beppu. Wer nur wegen der heißen Quellen kommt, verpasst das gesellschaftliche Spannungsfeld, das sich in den kleinen Gassen zwischen den Ryokans und Ramen-Shops abspielt. Beppu ist nicht glatt, nicht durchgestylt – sondern lebendig, widersprüchlich und manchmal ein wenig unbequem. Eben genau deswegen: spannend.
Mein Tipp für´s Fotografieren, wenn du schöne Übersichtsbilder (auch bei Sonnenuntergang) haben möchtest. Dann ist das Rooftop (Parkdeck) des „youme“ Kaufhauses ein wahrer Geheimtipp. Hier kannst du die gesamte Stadt einsehen und hast Ruhe zum Fotografieren.
Wer je das Bedürfnis verspürte, sich lebendig begraben zu lassen – natürlich im Dienste der Gesundheit und mit einer gewissen Portion japanischer Stilnote – dem sei das Sandbad im ehrwürdigen Takegawara-Onsen in Beppu wärmstens empfohlen. Wörtlich. Schon das Gebäude ist eine Reise wert: ein Holzdach wie aus einem Miyazaki-Film, knarrende Dielen, und der unverwechselbare Duft von heißem Wasser, altem Holz und einem Hauch Ewigkeit. Drinnen herrscht eine seltsame Mischung aus Tempelruhe und Therme, und ich – voller Neugier und mit einem leicht nervösen Lächeln – wurde in einen Yukata gesteckt, der mir das Bewegungsmuster eines überreifen Sushi-Makis verlieh.
Dann ging es auch schon los: In einer Halle mit sandigem Boden und dickem Schwefelduft wurde ich auf eine vorbereitete Stelle gebeten. Die Damen, routiniert und freundlich wie Beerdigungshelferinnen in Teilzeit, begannen, mich mit heißem, dampfendem Vulkansand zu bedecken. Der erste Reflex war kindlich: Ich fühlte mich wie fünf Jahre alt, im Sandkasten, voller Neugier. Der zweite Reflex war panisch: Der Sand war schwer, brannte auf der Haut, und meine Lunge fragte höflich an, ob ich sie vielleicht bald befreien wolle.
Und doch… nach ein paar Minuten im Zustand der völligen Immobilität geschieht etwas Sonderbares. Der Körper beginnt zu schwitzen, das Herz klopft, aber der Geist fährt runter. Kein Handy, keine To-do-Liste, keine Möglichkeit, sich irgendwie wichtig zu machen. Nur du, der Sand und das sanfte Zischen deines Überlebenswillens. Es ist eine stille, heiße Form der Demut. Und ja, der Vergleich mit einem Yakuza-Mumienopfer ist erschreckend treffend – nur, dass die Yakuza vermutlich nicht um 1.500 Yen Eintritt bitten und dir danach noch ein Handtuch reichen.
Warum lohnt sich dieses Erlebnis?
- Die Hitze fördert die Durchblutung und regt den Kreislauf an.
- Viele berichten von einer angenehmen Muskelentspannung und einem Gefühl innerer Ruhe.
- Die Kombination aus Natur, Kultur und ein wenig körperlicher Herausforderung macht es zu einem echten Erlebnis.
Nach etwa 15 bis 20 Minuten – je nach persönlichem Hitzedrama – wirst du ausgegraben, vorsichtig wie ein archäologischer Fund. Dann geht’s weiter in ein klassisches Onsenbecken, um den Sand und die letzten Spuren körperlicher Grenzerfahrung abzuwaschen. Und da ist sie: diese Klarheit, dieses Wohlgefühl, das alle Tortur vergessen lässt. Eine Art spirituelle Frischzellenkur mit leichtem Röstaroma.
Warum man das tun sollte? Weil es entschleunigt, weil es gesund ist (zumindest behaupten das alle), und weil man hinterher sagen kann: Ich war in Beppu – und habe mich im wahrsten Sinne des Wortes vergraben lassen. Freiwillig. Und würde es wieder tun.
Denn wer denkt, dass Japan nur für stille Tempelgärten, perfekt sortierte Bentoboxen und höflich-verbeugte Bahnangestellte steht, der war noch nie am Affenberg von Beppu. Takasakiyama Monkey Park – klingt nach zoologischem Fachbetrieb, ist in Wahrheit aber ein Spektakel, das irgendwo zwischen Tier-Doku, Live-Kabarett und leicht chaotischem Schulausflug rangiert. Mit dem Unterschied, dass die Schulkinder hier Affen sind. Und wir... na ja, das Publikum mit gelegentlicher Nebenrolle.
Schon die Anfahrt war kurios. Eine Monorail-Bahn, die sich langsam den Hügel hinaufschiebt, während man sich fragt: „Wieso fährt die eigentlich so gemächlich? Ah – wahrscheinlich damit man Zeit hat, sich mental auf das Kommende vorzubereiten.“ Oben angekommen, wehte uns schon der Duft von Abenteuer (und leicht vergorenen Bananenschalen) entgegen.
Das Timing hätte Hollywood nicht besser hinbekommen: 16:40 Uhr, also Prime-Time im Makaken-Kalender. Die Bühne: ein sonnenbeschienener Platz mit Aussicht. Die Requisiten: ein rostiger Handkarren voller Süßkartoffelstücke. Und dann betritt er die Szene – der Mann mit der Möhre… äh, der Knolle. Kein großer Auftritt, kein Gong, einfach nur ein Mitarbeiter in Alltagsklamotte. Doch als er losrennt, bricht das Chaos los: Affen links, Affen rechts, Affen von oben! Ein pelziges Inferno, bei dem sogar Tarzan gesagt hätte: „Respekt, Jungs!“
Was folgte, war besser als jede Netflix-Doku: Die freche Junggang, die versucht, dem Fütterer die Route abzuschneiden. Ein Affe, der mehr klaute als aß – vielleicht ein Investmentmakake? Und mein persönliches Highlight: der alte Zen-Meister unter den Makaken, der sich mit einem einzigen Stück zufrieden gab und dann minutenlang in meditativer Kartoffelversunkenheit verweilte.
Und wir? Wir standen mittendrin, zwischen Faszination, Furcht und dem leisen Gefühl, dass wir gerade Zeugen von etwas sehr Echtem wurden – Natur mit Humor und Süßkartoffeln. Kein Sicherheitsglas, keine Gitterstäbe, nur ein paar Warnschilder und das stille Versprechen: „Ihr dürft zugucken, aber lasst uns bitte machen.“
Ein Erlebnis, das bleibt. Und ein würdiger Schlusspunkt für einen Tag, an dem uns Japan mal wieder gezeigt hat, dass es nicht nur höflich, sondern auch herrlich wild sein kann.
Beppu ist vielleicht kein Schönheitspreis-Gewinner, aber definitiv ein Ort, der Eindruck hinterlässt – mit Hitze, Humor und einem Hauch Absurdität. Hier treffen brodelnde Erdkräfte auf schräge Erlebnisse und tierische Action. Wer sich früh auf den Weg macht, sieht mehr – und wer sich traut, entdeckt die vielen Gesichter einer Stadt, die weit mehr ist als nur ein Dampfbad.
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Japans Hauptstadt der heißen Quellen
Beppu besitzt die höchste Anzahl an heißen Quellen (Onsen) in ganz Japan – über 2.000 Quellen sprudeln hier und produzieren mehr als 130.000 Tonnen heißes Wasser pro Tag.
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Die „Hölle von Beppu“ (Jigoku Meguri)
Acht spektakuläre, aber nicht zum Baden geeignete heiße Quellen mit dampfenden, bunten oder brodelnden Wasserflächen – ideal für Fotos und einen spannenden Spaziergang.
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Sandbäder am Strand von Beppu
In Beppu kann man sich in warmem, vulkanisch erhitztem Sand eingraben lassen – eine entspannende und einzigartige Wellness-Erfahrung.
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Besonderes Klima durch Vulkanismus
Der nahegelegene Vulkan Tsurumi-dake und die geothermische Aktivität sorgen für dampfende Straßenränder, warme Böden und eine ganz eigene Atmosphäre.
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Onsen-Eier & Dämpf-Küche (Jigoku Mushi)
In Beppu kannst du Speisen wie Gemüse, Eier oder Süßkartoffeln im heißen Dampf der Quellen garen lassen – ein kulinarisches Erlebnis direkt aus der Natur.
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Tradition trifft Moderne
Von traditionellen Ryokans bis hin zu stylischen Boutique-Hotels und hippen Cafés – Beppu verbindet altes Japan mit neuen Akzenten.
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Ein echtes Badeparadies
Ob öffentliches Badehaus oder privates Rotenburo mit Ausblick – in Beppu findest du für jede Vorliebe das passende Onsen-Erlebnis.
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Besuch im Onsen-Museum
Das Beppu City Traditional Bamboo Crafts Center zeigt, wie tief Bambuskunst und Onsen-Kultur miteinander verwoben sind.
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Fußbäder für Zwischendurch
Überall in der Stadt gibt es kostenlose Ashi-yu (Fußbäder) – ideal für eine kleine Auszeit nach dem Sightseeing.
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Atemberaubende Ausblicke vom Beppu Ropeway
Mit der Seilbahn geht’s auf den Mt. Tsurumi – oben erwartet dich ein weiter Blick über Beppu, das Meer und die umliegenden Berge, besonders schön im Frühling und Herbst.
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